Ueberreuter, Wien 1995, 547 Seiten.

Thirteen ist dreizehn und ein Waisenkind. Nach dem Tod ihrer Mutter veranlasst sie ein ominöser Brief, sich ins Flugzeug zu setzen, um ihren Großvater in Hamburg aufzusuchen, der schon vor Jahren den Kontakt zu seiner Tochter abbrach. Damit sind wir mittendrin in einer haarsträubenden Geschichte. An den unmöglichsten Stellen öffnen sich Türen, seltsame Wesen erscheinen und verschwinden wieder. Ein Kampf ist im Gang, in dessen Mittelpunkt Thirteen steht. Jemand trachtet ihr nach dem Leben, jemand anders hält schützend die Hand über sie.

Das Haus ihres Großvaters ist innen größer als außen und führt ein merkwürdiges Eigenleben. Es ist ein unheimliches Labyrinth, in dem Gänge auftauchen und wieder verschwinden. Wie ein Vampir saugt das Haus die Lebenskraft derer aus, die es betreten, und hält ihre Seelen gefangen. So kam der Bund der Dreizehn zustande, einer Gruppe von skrupellosen Menschen, die zu Macht und Ansehen gelangten, deren Seelen aber tatsächlich im „Haus“ gefangen gehalten werden. Der Einzige, dem es je gelang zu fliehen und seine Seele zu befreien, ist Nagelschmidt. Der Aussteiger aus dem Bund der Dreizehn machte seine Fabrik dicht, nachdem er es schaffte, seine Seele aus dem „Haus“ zurückzugewinnen. Seitdem lebt er als Penner in der Kanalisation und ernährt sich von Katzenfutter.

Der Stil der Hohlbeins ist typisch Jugendbuch. Fesselnd geschrieben und (nicht nur) für Teenager interessant. Die Beschreibungen haben eine geradezu visuelle Qualität. Es ist wohltuend, dass der erhobene Zeigefinger, das unverkennbare Zeichen des schreibenden Sozialarbeiters, fehlt, auch wenn zu viele Verbeugungen vor dem Mainstream diesen Eindruck mitunter zu verwischen drohen. Man nehme nur die Diskussion um Nagelschmidts geschlossene Fabrik. Etwas altklug diskutieren Frank, ein jugendlicher Obdachloser, mit dem Thirteen Freundschaft schließt, und Thirteen Nagelschmidts Schicksal. Mit der Allerwelts-Antwort, mit der der Erzähler den Konflikt beiseite schiebt, die Wahrheit liege wohl irgendwo zwischen den konträren Meinungen, dürften schon Adam und Eva im Paradies ihre Streitigkeiten verdrängt haben.

Überhaupt ist der Fabrikant, der das Unmenschliche seines Tuns erkennt und resigniert, eine unglaubwürdige Gestalt. Wenn schon sein Verantwortungsbewusstsein geweckt wird, warum investiert er dann nicht, statt aufzugeben und Arbeitsplätze zu vernichten, in Filteranlagen, die eine halbwegs umweltfreundliche Produktion und menschenwürdige Arbeitsbedingungen ermöglichen? Aber das nur am Rande. Tatsächlich ist Nagelschmidts Resignation hinreichend erklärt durch die Tatsache, dass er ja dem Dämon des Hauses zum Opfer fiel. Eben diesen Dämon muss Thirteen zur Strecke bringen, bevor er sie erwischt. Ihr bleibt nur eines: Sie muss zurück in das „Haus“, und zwar am Freitag, dem 13., in der Stunde zwischen zwölf und Mitternacht ...

Alexander Amberg