Intrigen ohnegleichen: das Ende des Winterkönigs
Eine ganz andere Sicht der Ereignisse bietet eine dritte Lesart. Die Forschungen so namhafter Kunsthistoriker und Kunsthistorikerinnen wie Frances Amelia Yates legen sie nahe. Umberto Eco präsentiert sie ironisch in seinem Roman Das Foucaultsche Pendel. Er spart nicht mit sarkastischen Seitenhieben auf die Esoterik, doch präsentiert der Semiotikprofessor aus Genua sich als profunder Kenner der Materie.
Das 16. Jahrhundert war ein Jahrhundert der Glaubensspaltung und fortwährender Religionskriege. Konflikte und Unzulänglichkeiten innerhalb der katholischen Kirche verschärften sich immer mehr und mündeten schließlich in der Reformation. Theologische Streitigkeiten wurden so zum Politikum. In Deutschland machten Teile des Adels Front gegen den Kaiser. Die neue Konfession des Protestantismus kam ihnen gerade recht, ihre Unabhängigkeit zu demonstrieren. Die Epoche, die wir gemeinhin als Renaissance oder Humanismus bezeichnen, bestimmten fortan blutige Kriege. Feuer und Schwert wüteten unter der erschrockenen Bevölkerung. Der Bruder erhob seine Hand gegen den Bruder, und die Frage, ob der Priester die Fähigkeit habe, während der Messe den Wein im Kelch in Blut zu verwandeln oder ob seine Handlung lediglich als symbolisch aufzufassen sei, wurde zum Ausgangspunkt kriegerischer Auseinandersetzungen. Es nimmt also nicht wunder, dass in den derart geschundenen Völkern bald Kriegsmüdigkeit einkehrte.
Unter den europäischen Humanisten gab es eine breite irenische (friedliebende) Strömung, die im Ideal religiöser Toleranz die Chance sah, dem Blutvergießen ein Ende zu bereiten. Toleranz ist die Freiheit des Andersdenkenden. Unter der Herrschaft der katholischen Kirche war sie nicht zu verwirklichen. So viel war klar. Also wandte ein Großteil der geistigen Elite sich der protestantischen Sache zu. Die Heftigkeit der Auseinandersetzungen im 16. Jahrhundert machte jedoch bald deutlich, dass dieses Ziel auf friedlichem Wege nicht zu erreichen war. Die humanistische Friedensbewegung wurde militant - zumindest auf intellektuelle Weise. Das Denken von Karl Marx oder Lenin mündete ebenfalls zwangsläufig in der Schlussfolgerung, dass Gewalt das einzige Mittel sei, die Herrschaft der Tyrannei zu brechen. Dennoch können wir uns diese Theoretiker nur schwer mit der Waffe in der Hand vorstellen.
Giordano Bruno zog, die Generalreformation predigend, durch Europa. Sein Konzept einer Vielheit der Welten rückte die Erde aus dem schöpfungsmythologischen Mittelpunkt des Universums. Es sollte ihn das Leben kosten. Im Jahre 1600 starb er den Feuertod, verurteilt als Ketzer, nachdem man ihn unter der Vortäuschung freien Geleits nach Rom gelockt hatte. Während der Vatikan Ende des 20. Jahrhunderts immerhin eingestand, dass die Verurteilung Galileo Galileis zu lebenslangem Hausarrest ein Fehler war, wurde der Denker und Philosoph Giordano Bruno erst im Jahr 2000 rehabilitiert.
In den achtziger Jahren des 16. Jahrhunderts hielt Bruno sich in England auf. Er verkehrte in Hofkreisen, wo der Neuplatonismus, den er lehrte, auf fruchtbaren Boden fiel. Über den Earl of Leicester traf er auch mit Sir Philip Sidney zusammen, dem Poeten des elisabethanischen Zeitalters, der für seinen Sonettzyklus Astrophil and Stella und den Schäferroman Arcadia in die Literaturgeschichte einging.
Sidney sollte die Tage seines Ruhms jedoch nicht mehr erleben. Der junge Mann, der wie kein anderer das Ideal des Ritters repräsentierte, zog 1586 voll glühendem Eifer in die Niederlande, um deren Freiheitskampf gegen die habsburgischen Spanier zu unterstützen. Vor Zuytphen zerriss ihm eine Kugel den Unterleib. Sein Tod war qualvoll.
Posthum stilisierten ihn seine Zeitgenossen zum Ideal des englischen Hofmannes: Poet, Soldat und Höfling, noch dazu von angenehmem Äußeren, seiner Königin ergeben und der protestantischen Sache treu bis in den Tod. Vernachlässigt wird dabei die Tatsache, dass der hoffnungsvolle junge Mann sich zeitlebens um ein Hofamt bemühte, das sein Auskommen gesichert hätte, es aber nicht bekam. Ebenso wurde die schreckliche Wunde, die zu seinem Tod führte, wie in solchen Fällen oft üblich, schamhaft an den Oberschenkel verlegt.
Seine Schwester Mary Sidney hielt sein Andenken aufrecht. Die Eheschließung mit dem zweiten Earl of Pembroke machte sie zur Herzogin. Als Mäzenin und Förderin der Künste erwarb die Countess of Pembroke sich während der 1590er Jahre einen klangvollen Namen. Obwohl über das Leben des Barden so gut wie keine Fakten bekannt sind, vermuten manche Literaturwissenschaftler sogar, dass William Shakespeare sich in diesen Kreisen bewegte. Doch das ist eine andere Geschichte.
Fest steht, dass viele der führenden Künstler und Dichter Englands sich in Hilton, dem bei Salisbury gelegenen Stammsitz der Pembrokes, trafen. In einem solchen Klima wuchs der junge Lord Herbert heran, der nach dem Ableben seines Vaters der dritte Earl of Pembroke wurde. In seiner Jugend erwies der Lebemann sich als Tunichtgut und Bruder Leichtfuß. Er verbrachte sogar einige Zeit im Tower, weil er eine Hofdame der Königin Elisabeth I., Mary Fitton, geschwängert hatte. Erst mit dem Tod Elisabeths im Jahre 1603 und dem Amtsantritt ihres Nachfolgers James I. kam seine Chance. Wie seine Mutter erwarb auch er sich einen Ruf als Mäzen. 1623 wurde die Folio-Ausgabe der Werke Shakespeares, die erste Gesamtausgabe, ihm gewidmet.
Weit wichtiger scheint jedoch, dass der dritte Earl of Pembroke sich für die protestantische Sache engagierte und am englischen Königshof eine führende Stellung in der protestantischen Fraktion einnahm. Zudem gehörte er als Kammerherr zur unmittelbaren Umgebung des Königs und war einer der mächtigsten Männer Englands. Als es darum ging, die Tochter des Königs, James I.’, zu verheiraten, machte er sich für eine Verbindung mit dem pfälzischen Kurfürsten, Friedrich V., stark.
Bei Hof gab es aber drei Fraktionen, die versuchten, ihre Interessen durchzusetzen. Zwei davon betrachteten die Thronfolger Frankreichs beziehungsweise Spaniens als potentielle Heiratskandidaten.
Seit dem Angriff der Armada 1588 hatte sich die Beziehung zu Spanien wesentlich gebessert. Nach und nach mussten englische Freibeuter auf Geheiß des Königs ihre Kaperfahrten einstellen. Mit Sir Walter Raleigh wurde 1616 der letzte von ihnen gehenkt - nachdem sie ihrem Land und ihrem Monarchen mit ihren Beutezügen unermesslichen Reichtum verschafft hatten. Typische Opfer einer Großmachtpolitik.
Doch einen guten Protestanten erfüllte allein der Gedanke, eine englische Prinzessin an eine katholische Majestät zu verschachern, mit Abscheu. Hinter den Kulissen des Londoner Hofes begann ein Intrigenspiel ohnegleichen. Ränke wurden geschmiedet und verworfen. Finten sollten den Gegner täuschen und heftige Attacken wurden geritten, bis Pembrokes Fraktion als Schwiegersohn des englischen Königs den kurpfälzischen Friedrich auserkor. Den protestantischen Friedrich. Seine Residenz war in - Heidelberg. Neben Prag war Heidelberg das okkulte Zentrum Europas.
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Unser Ausgangspunkt waren die irenischen Strömungen unter den europäischen Humanisten. Als Giordano Bruno sich in London aufhielt, traf er auch mit John Dee zusammen, dem Hofmathematiker Elisabeths I. Dessen Versuche, mit Engeln in Kontakt zu treten, brachten ihm den Ruf eines Magiers ein. Während der späten 1580er Jahre reiste John Dee nach Prag. Ob er auch einen Abstecher nach Heidelberg unternahm, ist nicht bekannt. Der geistige Austausch zwischen den beiden Städten war jedenfalls rege, zählen doch beide zu den ältesten Universitätsstädten Europas (die Universität Heidelberg, gegründet 1386, ist heute die älteste deutsche Universität. Allerdings war die Prager Universität die allererste deutsche Universität, die gegründet wurde. Die Zeitläufe ändern sich nun einmal. Aber Wasser auf die Mühlen gewisser Leute zu gießen, ist ganz bestimmt nicht unser Anliegen. Akzeptieren wir die Geschichte, wie sie ist.).
Im 12. Jahrhundert wurde als erste Universität des deutschen Reiches die Universität Prag gegründet, 1386 die Universität Heidelberg. In diesem intellektuellen Klima nun stellte John Dee seine Forschungen an. Aber als er Anfang der neunziger Jahre nach England zurückkehrte, zeigte man ihm in seiner Heimat die kalte Schulter. Die veränderte politische Situation, insbesondere die schrittweise Annäherung an das katholische Spanien, ließ einen Mann wie ihn nicht mehr gesellschaftsfähig erscheinen. In seinem Dr. Faustus machte der Dramatiker Christopher Marlowe ihn auf der Bühne gar lächerlich - so jedenfalls interpretiert Frances A. Yates dieses Stück. John Dee starb in Armut, abgeschnitten vom Glanz des Hofes.
Es war also gar nicht so selbstverständlich, dass die Heiratsverhandlungen zwischen der Pfalz und England erfolgreich verliefen.
Unterdessen hörte der intellektuelle Austausch in Europa nicht auf, ebenso wenig wie religiöse Unterdrückung und Blutvergießen. 1614/15 erschienen die beiden Rosenkreuzermanifeste, die die Generalreformation propagierten und jeden denkenden Menschen aufforderten, sich den herrschenden Zuständen zu widersetzen und dem Orden vom Rosenkreuz beizutreten. Da es sich um eine Geheimgesellschaft handelte, war jedoch keine Kontaktadresse oder Telefonnummer angegeben, unter der man ein Ordensmitglied erreichen konnte. Man war also auf Spekulationen und Mutmaßungen angewiesen.
In ganz Europa setzte ein reger Schriftverkehr ein. Humanisten traten mit Humanisten in Kontakt. Unter der Hand ließen sie durchblicken, dass sie durchaus bereit wären, sich für den Orden vom Rosenkreuz zu engagieren, und ob vielleicht der Kollege wüsste ...
Aber niemand wusste etwas Genaues.
Auch in Heidelberg war das Interesse groß. Namhafte Gelehrte aus aller Welt strömten an der Universität zusammen. Ihre Naturforschungen halfen mit, ein neues Weltbild zu entwickeln. Der hortus palatinus (= pfälzischer Garten) hinter dem kurfürstlichen Schloss war angefüllt mit den wunderbarsten Apparaturen, die die Ergebnisse zahlloser mechanischer Versuche darstellten. Sprechende Maschinen und Statuen, die sich bewegten, soll es gegeben haben. Die Bevölkerung hatte für all diese Wundermaschinen nur eine Erklärung: Zauberei.
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Vor diesem politischen Hintergrund muss man die folgenden Ereignisse sehen. Der Frontmann der protestantischen Sache in Deutschland war - Friedrich V., der pfälzische Kurfürst. Durch seine Verbindung zum englischen Königshaus war er dazu geworden. Die graue Eminenz war der Herzog von Sachsen-Anhalt, der im Hintergrund die Fäden zog. Ein Netz von Spionen versorgte ihn mit Informationen. Nun sah man die Zeit gekommen, zuzuschlagen. Ob die Rosenkreuzermanifeste ein Scherz waren oder der ernsthafte Versuch einer Kontaktaufnahme, sei dahingestellt. Eines zeigten die Reaktionen auf ihr Erscheinen gewiss: dass, wer immer sich der katholischen Vorherrschaft widersetzte, der ideellen Unterstützung weiter Teile der Gelehrten sicher sein konnte.
In der Eheschließung Friedrichs V. mit James' Tochter Elisabeth hatte man sich der Unterstützung durch die protestantische Macht England versichert. So glaubte man wenigstens. Aber wie so oft kam es anders, als man dachte. Vergleichbar ist diese Situation vielleicht mit der Lage Saddam Husseins vor dem Golfkrieg. Er interpretierte eine Information, die er aus diplomatischen Kreisen erhielt, falsch und ließ seine Truppen in Kuwait einmarschieren. Was folgte, ist bekannt: ein Desaster.
Ebenso drängten die protestantischen Fürsten Friedrich zum Losschlagen. Der König von England werde seinem Schwiegersohn militärische Unterstützung schon nicht verwehren, wenn man ihn vor vollendete Tatsachen stellte - glaubte man.
Friedrich zog 1618 nach Prag und krönte sich dort zum König von Böhmen. Das war der offene Bruch mit dem habsburgischen Kaiser und zugleich der Anfang vom Ende. Es bedeutete Krieg.
James I. von England war aber ein Herrscher, der am Kriegführen nicht interessiert war. Außerdem regierte er zusammen mit einem Parlament, das sich zu einem Großteil aus Bürgerlichen zusammensetzte. Da damals Steuern nur in Kriegszeiten erhoben wurden, um ein Heer auszurüsten, und vor allem das Bürgertum trafen, zeigten auch die Parlamentarier herzlich wenig Interesse an einem militärischen Abenteuer. Einzig die protestantische Fraktion bei Hofe drängte auf eine Einmischung. Aber im Gegensatz zu den Heiratsverhandlungen, die nur wenige Jahre zuvor stattfanden, konnte sie sich dieses Mal nicht durchsetzen. Man hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
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Friedrich hatte also nach der Krone gegriffen. Doch seine Hoffnung auf einen starken Bündnispartner erwies sich als Illusion. Wie die Mäuse das sinkende Schiff verlassen, sagten sich die übrigen protestantischen Fürsten von ihm los. 1619 musste Friedrich überstürzt fliehen. Der pfälzische Löwe hatte ausgebrüllt. Sogar den Hosenbandorden, die höchste englische Auszeichnung, die ihm sein Schwiegervater James verliehen hatte, musste er in Prag zurücklassen. Der Orden fiel kaiserlichen Truppen in die Hände. Dieses Ereignis nutzte man aus, Friedrich, den unglücklichen Winterkönig, wie ihn die Geschichte nennt, lächerlich zu machen. Zeitgenössische bildliche Darstellungen zeigen Friedrich nur noch mit rutschendem Hosenband.
Eine Jahrzehnte währende Propaganda, die im Geheimen ablief, hatte die Atmosphäre geschaffen. Alle Möglichkeiten der Diplomatie waren ausgeschöpft worden, um sich eine möglichst breite Unterstützung zu sichern. Und im entscheidenden Moment musste man erkennen, dass man unter völlig falschen Voraussetzungen zur Tat geschritten, im wahrsten Sinne des Wortes zu weit vorgeprescht war. Die Katastrophe des dreißigjährigen Krieges hatte begonnen.
Mit seinen spanischen Truppen verwüstete der habsburgische Kaiser, in dessen Reich die Sonne nie unterging, die deutschen Lande. Außer England gab es noch ein Land, das sich klug aus diesem Krieg heraushielt: Frankreich.
Fünf Jahre nachdem der mörderische Krieg ausgebrochen war, 1623, erschienen in Paris Flugblätter, die die Generalreformation forderten. Gezeichnet: der Orden vom Rosenkreuz.
Die aufrührerischen Schriftstücke wurden allesamt beschlagnahmt. Nur einen Tag später begannen in Frankreich die Hexenverfolgungen. Sie kosteten Tausende Unschuldiger das Leben. Aber warum?
Nahm die französische Regierung das Erscheinen der ketzerischen Schriften zum Anlass, mit einer politischen Opposition abzurechnen, vor der sie sich insgeheim fürchtete? Drastischere Maßnahmen kann man sich jedenfalls kaum vorstellen.
Waren die Rosenkreuzerschriften nur ein intellektueller Witz? Die heftige Reaktion widerspricht dem. Tatsache scheint zu sein, dass die Verantwortlichen des Staates sich von etwas so sehr bedroht fühlten, dass sie Säuberungsaktionen veranlassten, über die sie sehr schnell die Kontrolle verloren. Denunziationen waren an der Tagesordnung. Unter der Tortur nannten die grausam Gefolterten irgendwelche Namen, die ihnen gerade einfielen, um die schrecklichen Qualen abzukürzen, und schon hatte der Henker neue Opfer. Das System der Vernichtung verselbständigte sich; und selbst wenn irgend jemand versucht hätte, sich dem entgegenzusetzen und den Teufelskreis von Denunziation und Verfolgung zu durchbrechen, wäre es ihm nicht mehr geglückt. Denn wer Sympathie für einen Denunzierten zeigte, machte sich selbst verdächtig und lief Gefahr, auf der Folter zu einem Geständnis gezwungen zu werden.
1648 war der dreißigjährige Krieg zu Ende. Er hinterließ ein ausgeblutetes Deutschland und eine geschundene Bevölkerung. Die Pfalz war am schwersten in Mitleidenschaft gezogen. Es gab Dörfer, die von der Landkarte verschwunden waren. In anderen betrug die Einwohnerzahl gerade noch fünf oder sieben. Viele der heute dort gängigen Namen stammen von Familien, die nach Kriegsende aus dem Elsass in die Pfalz zogen, um dort ein neues Leben anzufangen.
Der Augsburger Religionsfriede schrieb fest, dass die Bevölkerung die Konfession des jeweiligen Landesherren anzunehmen hatte. Diese Abmachungen lassen sich auf den lateinischen Satz reduzieren: „Cuius regio, eius religio.“ In freier Übersetzung heißt das: „Wes’ Brot ich eß, des’ Lied ich sing’.“ Weil man eingesehen hatte, dass sinnloses Blutvergießen zu nichts führte, einigte man sich auf Regeln, die eine friedliche Koexistenz ermöglichten. Von wirklicher Toleranz kann aber nicht die Rede sein.
In der Staatstheorie brachte das 17. Jahrhundert Köpfe wie Thomas Hobbes hervor, der den Absolutismus propagierte, um den konfessionellen Auseinandersetzungen ein Ende zu bereiten. Der Untertan kann nur eines Herren Diener sein, der Regent soll gleichzeitig über die Religionszugehörigkeit bestimmen. Wie sich der einzelne im Privaten verhielt oder welcher Religion er in seinem Hause anhing, interessierte Hobbes nicht (ihm wird von einigen Interpreten unterstellt, Atheist zu sein!). Entscheidend für ihn war die Einigkeit. Kirche - die geistige Autorität - und Staat - die weltliche Autorität - sollten sich nicht gegeneinander ausspielen (man denke an Canossa). Hobbes stellte in seinem Leviathan hohe Ansprüche an den Monarchen, der zwar selbst nicht an das Gesetz gebunden war, aber für Rechtssicherheit unter seinen Untertanen sorgen musste. Moralisch gleichen diese Ansprüche an den Regenten denjenigen Platos an seine Philosophenkönige.
Die Legitimation für die Herrschaft des Monarchen (Hobbes schließt allerdings eine Oligarchie oder eine Demokratie nicht aus, verweist jedoch auf ihre augenscheinlichen Nachteile) ergab sich aus der Analogie zur Familie. Auch in der Familie stellte das Oberhaupt, der Patriarch, die unumstrittene Autorität dar.
Die Grundlage dieser Staatsphilosophie legte unter anderem Jean Bodin. 1583 legitimierte er in seiner Souveränitätslehre Les six livres de la republique den absolutistischen Staat. Derselbe Jean Bodin, der als einer der schlimmsten Hexenverfolger Frankreichs bekannt wurde und der ein ähnliches Standardwerk für Frankreich verfasste, wie es der Hexenhammer oder die Bambergensis in Deutschland waren.
Das Gottesgnadentum wurde beschworen, um die Legitimität des Monarchen zu beweisen. Die Vernunftlösung, die die blutigen Kriege beendete, schrieb einem einzigen Individuum alle Macht zu, der das jeweilige Staatsvolk sich zu beugen hatte. Es funktionierte. Die Glaubenskriege waren vorüber. Aber die Scheiterhaufen loderten weiter.